Kurzgeschichte „Gut gedämmt“ und Introspektivminiatur (Kürzestgeschichte) „Kirschtorte [zerlumpt]“
Corona-Haikus am 11.4. und 25./26.4. sowie ein Tanka beim 2. Juli-Update und Gedicht „Recyclinghof“
beim August-Update
Kurzgeschichten „Abendstern ade“, „Am Strand“ und „Die Kücheninsel“
and so we built this house of cards
but the cards were shards of glass
mirroring beauty and hidden isolation
none reflected on what we did
until someone did
and everything froze falling in mid-air
ganz leicht geknickt
auf tauträumender Wiese
und sicher, unbesehen
tanzt ein Tausendschön
ein schläfriges Lächeln
einer Nachtigall Lied
dringt perlend durch
die gedämmte Hauswand zu mir
wie kann etwas so Schönes
so strahlend stark sein?
Es hatt’ ein Autor aus Hannover
nach der englischen Lesung Hangover.
Er kam nicht nach Haus,
mit der Muse war’s aus.
Jetzt hockt er verpeilt auf dem Sofa.
Zwei Teenies aus Stockstadt am Rhein
war’n zuhause, es musste so sein.
Das Lock war down,
jetzt konnten sie schau’n:
ohne Netz bist du ziemlich allein.
Eine Mutter aus Bernkastel-Ku-es
sprach: Jetzt ist es so weit, ja, ich tu es!
Mein Leben ist leer,
ich will aber mehr –
jetzt sing ich den Reihenhaus-Blu-es!
Ich sah im Tropenhaus zwei aneinandergeseilte Bäume.
Sie waren das erste Mal zusammen unterwegs, für Bäume ist das gar nicht einfach.
Deshalb das Sicherungsseil. Auf Helme verzichteten sie dagegen, denn das zusätzliche
Gewicht hätte sie noch kippliger gemacht. So staksten sie voran, schwankend wie im
Tropensturm, und waren einander Stütze, Hemmnis und Lebensfaden zugleich.
Ich überlegte, ob ich ihnen folgen sollte. Ein abgeseiltes Bäumchen als drittes Rad
auf dem Holzweg. Oder ob ich an ihrer statt Wurzeln schlagen sollte. Überhaupt
irgendetwas auch nur Zentimeter außer der Reihe tun. Ich entschied mich dagegen.
there was this tiny heart of paint
drawn and freed from all constraint
you lot, stop looking for more
there’s no secret, no sense, no encore
Die Sonne
sollte scheinen, wenn meine Liebe blinzelnd erwacht
und sie lächeln lassen.
Der Mond
müsste leuchten, wenn ein Quartett allmählich verklingt
abends im Blütenduft.
Und der Wind
würde wehen, wenn die Flut den Strand nimmt,
und alles wird neu.
Kleines blaues Tier mit Schmerzen
im schlechten Versteck,
schmieg deine Nase ans Fell
und warte auf die Dunkelheit.
Ein Löwe im alten Mykene
blieb bereitwillig in Quarantäne
es war ein Retreat
wie’s selten geschieht
von den Partys bekam er nur noch Migräne
There was a fair lady from Cork
who’d much rather perform in New York.
Her head spun around
without any bound.
She’d experienced too much of a torque.
Xenia schaut nach oben. Verzwirbelte Zweige, fiedrige Blätter, dazwischen Flicken
aus Wolken und Himmelsblau. Der starke Ast, auf dem sie liegt, hält sie wie ein
liebevoller Riese mit knorrigen Fingern über dem Rheinarm, der träge unter ihr
entlangfließt. Bienen, Mücken und Falter schwirren um ihren Kopf, Bilder vor ihren
Augen: Die wütenden Blicke der besorgten Nachbarn. Kevins unbeholfenes Grinsen.
Tätowierte Mädchenarme. Das Haus, das ihre Eltern nicht bezahlen können. Das Bild
auf Instagram von den toten Flüchtlingskindern. Die knittrige Jacke des Mathelehrers.
Eine schwarzweiße Katze.
Flussaufwärts hört Xenia Stimmen, sie sieht hinüber. Zwei kleine Mädchen in langen
dunklen Kleidern spielen am Damm. Da – ein Schrei! Die kleinere rutscht ab und
zappelt hilflos in einem Strudel. Das größere Mädchen fuchtelt panisch auf einem Stein,
will hinterher. Xenia gleitet ohne zu denken von ihrem Ast – oder schiebt der sie
hinunter, hinüber, sodass sie fast direkt neben dem Strudel ins Wasser taucht? Sie
bekommt die Kleine zu fassen, drückt den Kopf über Wasser, schreit die größere an:
„Bleib stehen!“. Mit übermenschlicher Kraft tritt sie Wasser. Etwas zieht
sie zum Ufer – die starken Wurzeln ihres Baums. Die Kleine spuckt krampfhaft, doch
sie atmet. Ihr nasses dunkles Kopftuchgesicht ist wunderschön. Wie fremd war sie hier.
Der Mensch ist frei geboren
und überall isst er in Ketten
Vapiano.